Werkstätten – ein
vollwertiger Teil der Arbeitswelt? (von Dieter Basener)
„Mit der Aufteilung in den
1. und 2. Arbeitsmarkt kann ich gar nichts anfangen“, schrieb mir neulich der Leiter einer Berliner WfbM. „Es gibt m. E. nur eine
Arbeitswelt, die in unterschiedliche Branchen mit verschiedenen
Mitarbeiterstrukturen gegliedert ist. Wir sind da nicht besonderer als
beispielsweise ein Landwirtschaftsbetrieb, ein Stahlunternehmen, ein
Tiefbaubetrieb oder ein Automobilhersteller. Alle sind Marktteilnehmer mit ihren
Produkten und Dienstleistungen unter sehr unterschiedlichen Bedingungen. In den
Werkstätten stehen halt neben der Produktion andere Dinge, wie z.B. Bildung und
Kompetenzentwicklung, ebenfalls im Vordergrund. Ich kann nicht erkennen, warum
uns das gleich zu einer Sonderwelt machen sollte.“
Hat er Recht? Ist die Werkstatt tatsächlich Teil der
normalen Arbeitswelt und unterscheidet sich nur in Nuancen von der Automobilindustrie
oder unterliegt die Werkstattarbeit eigenen, ganz anderen Bedingungen?
Ich halte diese Frage für bedeutsam, weil sie gravierende Auswirkungen
auf den Werkstattalltag hat. Wenn ich sie untersuche, dann aus zwei unterschiedlichen
Betrachtungswinkeln. Mit dem ersten gehe ich der Frage nach, welche Bedeutung Arbeit für diejenigen hat, die arbeiten
und welche dieser Bedeutungsaspekte Werkstattarbeit erfüllt. In der zweiten
Betrachtung vergleiche ich den Auftrag und die Bedingungen der Werkstatt mit denen
anderer Betriebe. Aus den Antworten will ich Schlussfolgerungen über den
Stellenwert der Werkstatt für die Beschäftigten und für die Gesellschaft und
Ansätze zu einer zeitgemäßeren Werkstattkonzeption ableiten.
Erfüllt Werkstattarbeit
die Kriterien von Arbeit?
Beginnen wir also mit der Frage nach der Bedeutung von
Arbeit für die arbeitende Person. Schaut man sich die wissenschaftliche
Beschäftigung mit dem Thema an, insbesondere die soziologische, stößt man auf
drei wesentliche Aspekte:
a)
Arbeit ist Erwerbsarbeit: Sie
ermöglicht ein Einkommen, dient also dazu, dass jemand seinen Lebensunterhalt verdient
und sein Überleben sichert.
b)
Arbeit bietet Entfaltungsmöglichkeiten:
Sie gibt der arbeitenden Person Lebenssinn,
beinhaltet kreative und kommunikative Aspekte.
Die
Argumente für die Werkstatt als Arbeitsort für behinderte Menschen beziehen
sich im Wesentlichen auf das unter b) aufgeführte Merkmal, Arbeit als
Entfaltungsmöglichkeit. Die Werkstatt, so will es die Gesetzgebung, soll
Angebote bereitstellen, durch die die Werkstattbeschäftigten ihre Fähigkeiten
entwickeln und ihren Neigungen nachgehen können.
Weitere
positive Auswirkungen dieser Dimension von Arbeit liegen
- in der strukturierenden
Wirkung für das Leben der arbeitenden Person,
- in der Kommunikation und im Kontakt, den
sie ermöglicht,
- in der Chance, die eigene
Leistungsfähigkeit zu erleben und gemeinsam mit anderen eine gesellschaftlich
nützliche Aufgabe zu erfüllen
- und darin, Anerkennung für diese
Leistung zu erfahren.
Bei
näherer Betrachtung wird der gesetzliche Auftrag, den eigenen Fähigkeiten und
Neigungen zu folgen und die Voraussetzungen zur persönlichen Weiterentwicklung
zu schaffen, in der Werkstatt nur eingeschränkt ermöglicht. Eine Ausnahme
bildet vielleicht die Berliner Situation, wo 17 Werkstätten ein dichtes Netz von
Betriebsstätten unterhalten und eine breite Palette attraktiver und
unterschiedlicher Arbeitsfelder bereitstellen. Wenn jemand bei dem einen Träger
nicht fündig wird, findet er seinen Traumberuf vielleicht bei der Konkurrenz. Auf
Bundesebene gibt es üblicherweise aber nur einen Träger für ein größeres Einzugsgebiet
und der Werkstattberechtigte ist auf dessen Angebot angewiesen. Das besteht im
Durchschnitt aus acht bis zehn Arbeitsfeldern. Allerdings liegt ein Großteil
der Tätigkeiten im Bereich Verpackung, Konfektionierung und Montage. Bei über
300 definierten Berufsfeldern, die wir in Deutschland haben, sind die
Wahlmöglichkeiten damit sehr eingeschränkt, die „eigenen Neigungen“ müssen sich
dem zufällig vorhandenen Angebot unterordnen. Dass jemand umzieht, um einen
attraktiven Job zu erhalten, ist ein Ausnahmefall. Dadurch, dass die meisten Arbeiten im
Spektrum der einfachen manuellen Fertigung angesiedelt sind, hat auch die
„Selbstentfaltung und Kompetenzentwicklung durch Arbeit“ für viele Beschäftigte
ihre Grenzen.
In
den übrigen der unter b) genannten Aspekten der Arbeit als Entfaltungsmöglichkeit
hat die Werkstatt ihre Stärken: Werkstattarbeit hat für die Beschäftigten eine alltags-strukturierende
Wirkung, sie ermöglicht Kommunikation und Kontakt mit anderen, bietet die
Chance, die eigene Leistungsfähigkeit zu erleben und gemeinsam eine gesellschaftlich
nützliche Aufgabe zu erfüllen sowie Anerkennung für diese Leistung zu erfahren.
Sie bietet zudem eine familiäre Atmosphäre, schützt vor Überforderung,
gestaltet den Arbeitsalltag angenehm und stellt in ihren „Begleitenden Angeboten“
Zusatzleistungen zur Verfügung, die andere Betriebe ihren Arbeitnehmern nicht
gewähren. Manche Betrachter sehen in den Arbeitsbedingungen der WfbM sogar ein Modell
für eine humane Arbeitswelt.
Bei
den unter a) und c) genannten Dimensionen von Arbeit schneidet die Werkstatt dagegen
schlecht ab. Werkstattarbeit ist nicht als Erwerbsarbeit angelegt. Sie
ermöglicht den Beschäftigten nicht, den Lebensunterhalt aus ihrem Lohn zu bestreiten,
so dass ihre Existenzsicherung trotz Vollzeittätigkeit über Transferleistungen
abgedeckt werden muss. Diese Tatsache wertet die Tätigkeit in der Wahrnehmung
der Beschäftigten und der Außenwelt ab. Entlohnung ist immer auch ein
Gradmesser für die Bedeutung einer Arbeit, Arbeitsentgelte weit unter dem
Mindestlohn und unter dem Existenzminimum werden von den Betroffenen als
Kränkung empfunden. Dabei wäre es für den Gesetzgeber nicht schwer, die ohnehin
notwendigen Transferleistungen als Lohnsubvention auszuzahlen und damit den
Lohn auf ein akzeptables Niveau zu heben - wie es im Budget für Arbeit übrigens
geschieht.
Auch
die dritte der genannten Dimensionen, der Erwerb eines akzeptablen
gesellschaftlichen Status durch ihre Arbeit, fällt für Werkstattbeschäftigte
sehr unbefriedigend aus. In den Augen der Öffentlichkeit ist jemand, der in der
Werkstatt arbeitet, nicht Tischler, Drucker oder Lagerhelfer, sondern schlicht
Werkstattbeschäftigter bzw. „auf die Werkstatt angewiesen“. Die
Werkstattzugehörigkeit wird als Beweis der geringen Leistungsfähigkeit
gewertet, rückt die Behinderung in den Mittelpunkt und verleiht einen sehr
niedrigen sozialen Status. Ob wir es eingestehen oder nicht: Hat jemand die
Berechtigung auf einen Werkstattplatz, gilt dies als Negativauswahl. Der Effekt
wird durch die geringen Verdienstmöglichkeiten noch verstärkt. Das Vorurteil
„Der kann nicht so viel“ findet seine Bestätigung in der Aussage „Dafür kriegt er
auch wenig“. Diese Schlussfolgerung hält viele psychisch erkrankte Menschen von
der Tätigkeit in einer WfbM ab.
Das Zwischenergebnis dieser
Überlegungen lautet also: Von den drei wesentlichen Bestimmungsgrößen von
Arbeit kann Werkstattarbeit nur einer Dimension punkten, und dies auch nur mit
Einschränkungen.
Entsprechen Zielsetzung und Bedingungen der Werkstatt denen
anderer Betriebe?
Wenden wir uns nun der zweiten
Betrachtungsebene zu: Entsprechen die Bedingungen, unter denen Werkstätten
arbeiten, denen anderer Branchen wie Landwirtschaft, Bau- oder Automobilunternehmen? Haben sie dieselben Ziele und Aufgaben? Auf der Suche nach Antworten auf diese Fragen stoßen wir schnell auf gravierende
Unterschiede:
- Werkstätten sind hoch subventioniert: Sie erhalten (zählt
man die geleisteten Rentenbeiträge dazu) zwischen 1.400 und 1.800 Euro
Subvention pro Monat und Arbeitsplatz, zahlen im Schnitt aber nur 180 Euro
Entgelt. Bezogen auf diese Lohnzahlung (die ja ihrer Produktivität entspricht)
liegt die Subvention eines Arbeitsplatzes also bei bis zu 90 %.
- Werkstätten haben einen rehabilitativen Auftrag: Sie sollen
die Arbeitsfähigkeit ihrer Beschäftigten entwickeln und ihre Persönlichkeit fördern.
Dieser Auftrag unterscheidet sie grundlegend von anderen Betrieben. Er
durchdringt und prägt das gesamte Werkstattgeschehen.
- Entsprechend besteht das Personal nicht einfach aus
Fachleuten für das jeweilige Arbeitsfeld, sie sind in ihrer Zweitqualifikation
Fachkräfte für berufliche Rehabilitation.
- Der Zugang zur Werkstatt ist beschränkt. Einen
Werkstattplatz erhält nur derjenige, der das Zugangskriterium erfüllt: Er darf
aufgrund einer besonderen Schwere der Behinderung auf dem Arbeitsmarkt nicht konkurrenzfähig
sein.
- Wem das Wort „Sonderwelt“ nicht gefällt, der mag dies
anders nennen. Tatsache ist: Die Werkstatt bietet nur speziellen Menschen
Arbeit und der Werkstattauftrag und die Werkstattbedingungen entsprechen nicht
denen des allgemeinen Arbeitsmarkts.
Exkurs: Die historischen
Grundlagen des Werkstattkonzeptes
In ihrer Entstehungsgeschichte wurde die Werkstatt für eine
Personengruppe mit hoher Hilfebedürftigkeit konzipiert: Für Menschen mit einer
geistigen Behinderung, d.h. einem IQ von
unter 70. Diese medizinisch-psychologische Definition einer „geistigen
Behinderung“ markierte die Trennlinie zwischen Erwerbsunfähigkeit =
Werkstattbedürftigkeit und Erwerbsfähigkeit = kein Werkstattanspruch. Sie steht
allerdings so nicht im Gesetz. Dort ist allgemein von der „Besonderen Schwere
der Behinderung“ die Rede. Die Art der Behinderung wurde offen gehalten, um
auch Körperbehinderten mit hohem Pflegebedarf oder - in Ausnahmefällen - auch
Sinnesbehinderten den Zugang zur dieser besonderen Hilfeleistung zu
ermöglichen. Es gab Anfang der 70er Jahre ja schon die Werkstatttypen
„Werkstatt für Körperbehinderte“ und „Blindenwerkstatt“. An die Öffnung der
Werkstatt für psychisch Erkrankte dachte damals noch niemand.
Trotz der offenen Formulierung: „Geistige Behinderung“ war
der Maßstab für die Konzeption und Ausstattung des deutschen
Werkstättensystems. Sie wurde gleichgesetzt mit einem lebenslangen
Angewiesensein auf Betreuung und Unterstützung und mit der Unfähigkeit zu
eigenverantwortlichem Umgang mit Geld. Allerdings postulierte die
„Geistigbehindertenpädagogik“ auch die Chance zu lebenslanger Entwicklung und
die Möglichkeit, mit fachlicher Hilfe ein gewisses Maß an Selbständigkeit zu
erreichen. Auf dieser Grundlage wurden in der Nachkriegszeit die ersten Werkstätten
konzipiert und dieses Werkstattkonzept fand Eingang in die Gesetzgebung.
Der Vater des Werkstattsystems, Dr. Horst Cramer, schuf ein
flächendeckendes Versorgungsnetz mit einem Anerkennungsverfahren, um
Gebietsüberschneidungen und somit Doppelfinanzierungen in Gebäuden und
Ausstattungen zu vermeiden. Er sicherte die Qualität durch sehr detaillierte
Vorgaben und verhinderte Abweichungen durch das Prinzip der „einheitlichen
Werkstatt“ (§ 1 der Werkstättenverordnung). Sie bildete das enge Korsett sowohl
für die Träger als auch für alle, die diese Hilfe in Anspruch nehmen wollten -
auch für die Werkstattbeschäftigten mit psychischer Behinderung, die seit Ende
der 80er Jahre verstärkt in die Werkstätten kamen.
Diese Entstehungsgeschichte macht es Werkstätten bis heute
so schwer, sich als Teil der Arbeitswelt zu etablieren: Sie war schlichtweg
nicht so konzipiert und die Bedingungen der Werkstattgesetzgebung stehen gegen
eine solche Ausrichtung.
Lebenslange
Rehabilitation, ein gedanklicher Widerspruch
Dabei muss man insbesondere den Auftrag zur lebenslangen
Rehabilitation mit einem großen Fragezeichen versehen. Rehabilitation leitet
sich ab vom lateinischen habilitare = befähigen; die Vorsilbe „Re“ bedeutet „wieder,
erneut“. Rehabilitation bezeichnet damit streng genommen die „Wiederbefähigung“
oder „Wiederherstellung“ nach dem Verlust einer schon vorhandenen Fähigkeit,
etwa den der Berufsfähigkeit nach Unfall oder Krankheit. Rehabilitation ist ein
zeitlich begrenzter Prozess, der seinen Abschluss in einer Wiederherstellung
der Arbeitsfähigkeit findet. Gelingt diese nicht, so muss der Beschäftigte
möglicherweise auf ein anderes Arbeitsfeld oder auf eine Teilzeitbeschäftigung
ausweichen. Auch mit einem solchen Ergebnis wäre der Rehabilitationsprozess
abgeschlossen. Da es in der Werkstatt in der Regel nicht um eine
Wiederherstellung bereits vorhandener Arbeitsfähigkeiten, sondern um eine
erstmalige Eingliederung ins Arbeitsleben geht - sieht man von Fällen
psychischer Erkrankung im Erwachsenenalter einmal ab - ist der Rehabilitationsbegriff
hier streng genommen falsch. Richtig wäre die Bezeichnung „Berufliche Habilitation“
Aber auch sie ist zeitlich befristet angelegt und hat ihr Ziel erreicht, wenn
eine Person mit besonderem Anleitungs- oder Hilfebedarf im Arbeitsprozess Fuß
gefasst hat.
Eine häufig gebrauchte Formel in der Werkstatt lautet: „Bei
uns steht nicht die Arbeit im Mittelpunkt, sie ist nur Mittel zum Zweck.“
Dieser Zweck ist offensichtlich der Erwerb weiterer Fähigkeiten, aber Arbeitsfähigkeiten
entwickelt man üblicherweise auf ein bestimmtes berufliches Ziel. Das gesamte
Arbeitsleben unter den Habilitations- oder Rehabilitationsbegriff zu stellen,
bedeutet, dass die „eigentliche“ Zielsetzung des Prozesses niemals verwirklicht
wird. Rehabilitation als Dauerzustand ist das Verbleiben in einer permanenten
Vorstufe. Die Person bleibt ein Objekt der Pädagogik, sie ist nie „fertig“.
In manchen Werkstätten wird der Übergang in den Arbeitsmarkt
als das anzustrebende Fernziel ausgegeben. Bei einer Vermittlungsquote von
bundesweit durchschnittlich 0,15 Prozent im Jahr ist dies allerdings, wie jeder
weiß, für den größten Teil der Beschäftigten eine Illusion. Zudem fühlen sich
die Werkstätten für den Vermittlungsprozess auch nur begrenzt zuständig, wie
die häufiger gehörte Unterscheidung zeigt: „Als Rehabilitationseinrichtung arbeiten
wir an der Arbeitsfähigkeit unserer Beschäftigten, aber wir haben keinen
Vermittlungsauftrag.“ Die ständige Vorbereitung auf etwas, das nie erreicht
wird, sendet an die Betroffenen die zwiespältige Botschaft: „Ich erwarte etwas
von Dir, für das ich dich nicht fähig halte.“
Wohlgemerkt: Diese Bedingungen setzen die Werkstätten nicht
selber, sie stecken in den gesetzlichen Grundlagen der Werkstatt. Diese
Grundhaltung ist in der Werkstattgesetzgebung angelegt und wurde in mehr als 40
Jahren nie revidiert. Werkstätten sind gesetzlich gezwungen, sich den unspezifischen
und uneingegrenzten Rehabilitationsauftrag zu eigen machen, ihn nachweisbar in ihrer
Fördersystematik zu verankern und für alle Beschäftigten umzusetzen. Dieser
Auftrag ignoriert das Recht behinderter Menschen, so wie alle anderen auch als
vollständige, vollwertige und autonome Personen akzeptiert und respektiert zu
werden, mitsamt ihren Schwächen und Fehlern.
Fazit
Speziell die Werkstätten für psychisch behinderte und
körperbehinderte Menschen wollen sich dem systemimmanenten Widerspruch nicht
weiter beugen, der dem Arbeitsprozess in der Werkstatt keine eigenständige
Bedeutung gibt, sondern ihn nur zum Mittel im Rehabilitationsprozess erklärt.
Sie geben für sich und ihre Beschäftigen die Devise aus: Wir sind Teil der
Arbeitswelt, bei uns finden unsere Mitarbeiter ihre berufliche Aufgabe. Wir
nehmen ernst, was wir tun und tun es mit allem Engagement. Dies ist die Abkehr
vom sogenannten „Reha-Auftrag“. Werkstattbeschäftigte sind nicht einer
lebenslangen Behindertenpädagogik unterworfen, sondern sie können in der
beruflichen Realität ankommen. Die veränderte Botschaft lautet: Dies ist deine
berufliche Heimat, deine Aufgabe, deine Herausforderung. Damit verringert sich
auch die Kluft zwischen dem Personal und den Beschäftigten. Wenn der Fokus von
der Rehabilitation auf den Arbeitsprozess gerichtet wird, wird dieser zur
gemeinsamen Aufgabe, Produktion und Dienstleistungen müssen zusammen organisiert
und bewältigt werden. Aus der pädagogisch-therapeutischen Zweiklassengesellschaft
wird ein Team. Eine solche Werkstattausrichtung ist zeitgemäßer, menschlicher
und weniger exkludierend.
In der Zielsetzung gehe ich also mit dem anfangs zitierten
Werkstattleiter d’accord. Falsch oder zumindest blauäugig ist es aber, die bestehenden
Werkstattzwänge zu ignorieren und zu behaupten, dass Arbeit in der Werkstatt
sich nicht von der in anderen Betrieben unterscheidet. Die Realität lässt sich
nicht ignorieren oder schönfärben. Das Gegenteil sollte geschehen: Wir müssen
die Fehlentwicklungen in der Werkstattkonzeption aufdecken und klar benennen,
um einen Diskussionsprozess und eine Revision der Werkstattgesetzgebung in Gang
zu setzen. In meinen Augen sind zentrale Forderungen dabei die Aufgabe des
Prinzips der einheitlichen Werkstatt, das Zulassen unterschiedlicher
Werkstatttypen, der Verzicht auf den lebenslangen Rehabilitationsauftrag und
eine angemessene Entlohnung für Werkstattbeschäftigte.